Versicherungs- und Anlagevermittlung Richtige Beratung muss bewiesen werden

Versicherungsvermittler sollten Beratungen immer dokumentieren – tun sie das nämlich nicht, müssen sie nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Saarbrücken (AZ: 5 U 337/09-82) im Streitfall beweisen, dass sie richtig beraten haben – was meist unmöglich sein dürfte.
In dem Fall ging es um einen Versicherungsvermittler, der den Auftrag erhalten hatte, den Krankenversicherungsschutz eines Kunden günstiger zu gestalten. Bei seinen Bemühungen hatte er die Krankentagegeldversicherung gekündigt, sodass der Mann im Krankheitsfall kein Geld mehr von seiner privaten Krankenversicherung bekam. Als der Mann tatsächlich krank wurde, kam es zum Streit über die Kündigung. Und da der Vermittler nicht beweisen konnte, dass er auf die Folgen der Kündigung hingewiesen hatte, musste er dem Versicherten rund 14.000 Euro Tagegeld ersetzen.

Falschberatung: Unterschriebenes Beratungsprotokoll ist entscheidend

Liegt allerdings ein Beratungsprotokoll vor, ist der Inhalt auch entscheidend. Wer zum Beispiel als Kunde ein Beratungsprotokoll unterschreibt, in dem er als ertragsorientierter Anleger beschrieben wird, kann später nicht wegen einer Falschberatung klagen, weil er angeblich eine sichere Anlage gewünscht hat. Das hat das Landgericht Coburg (AZ: 11 O 690/09) entschieden. In dem Fall hatte eine Kundin bereits in Aktienfonds, Geldmarktfonds, Immobilienfonds und weitere Fonds investiert und ließ sich erneut beraten. Daraufhin zeichnete sie Fondsanteile aus der Bio-Energiebranche.

Aussage gegen Aussage

Später berief sich die Frau darauf, dass sie nur an einer sicheren Geldanlage interessiert gewesen sei und die Risiken des getätigten Fondskaufes heruntergespielt worden seien. Vor Gericht konnte sie sich damit jedoch nicht durchsetzen. Nach Meinung des Gerichts habe die Frau bereits mehrfach zuvor Anlagegeschäfte in den verschiedensten Risikoklassen getätigt. Zudem sei im Anlageprotokoll gerade festgeschrieben worden, dass die Frau "ertragsorientiert" anlegen wolle. Da die Kundin zudem den kompletten Fonds-Prospekt erhalten hatte und darauf hingewiesen worden war, dass das Risiko eines Totalverlusts bestehe, vermochten die Richter keine Anhaltspunkte für eine Falschberatung erkennen, die den von der Frau angestrebten Wunsch nach einer Rückabwicklung des Geschäfts juristisch gestützt hätten.

Geldanlage: Beratungsfehler müssen nachgewiesen werden

Legen die Berater bei einem Verkaufsgespräch Musterberechnungen vor, wird es später schwer, einen Beratungsfehler nachzuweisen. Das geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofes (AZ: V ZR 114/07) hervor. Wer seine Bank oder seinen Berater wegen einer schlechten Beratung bei einem finanzierten Immobilienkauf verklagen will, muss den Beratungsfehler dann nämlich nachweisen, wobei die Musterberechnungen alleine nicht dazu dienen können, die Falschberatung nachzuweisen. Denn allein eine fehlerhafte Berechnung der monatlichen Belastung reicht nicht, so das Gericht, um eine Verletzung der Beratungspflicht anzunehmen.

Gesamtberatung entscheidend

Ein schriftliches Berechnungsbeispiel sei nur eine Möglichkeit des Beraters, um seine Informationspflichten zu erfüllen. Und ein solches Berechnungsbeispiel schließt nicht aus, dass der Berater in dem persönlichen Beratungsgespräch weitere Informationen gegeben hat, mit denen er den Kunden insgesamt umfassend und korrekt informiert hat. Das Urteil zeigt einmal mehr, dass die Unterlagen aus Vertragsgesprächen allein selten genug Beweiskraft haben, wenn ein Beratungsfehler bemängelt wird. Deshalb ist es empfehlenswert, bei Beratungsgesprächen die Qualität der Beratung von Anfang an zu hinterfragen und immer einen Zeugen mitzunehmen und mit ihm das Gespräch zu protokollieren.

Rentenversicherung: Umfassende Beratung keine Pflicht

Abseits der Beratungsprotokolle ist die Grenze zwischen schlechter und einseitiger Beratung einerseits sowie fehlerhafter andererseits nur schwer zu ziehen, wie eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (AZ: 20 U 259/06) zeigt. Eine Rentenversicherung ist danach nicht verpflichtet, die eigenen Kunden über alternative Anlageprodukte außerhalb der Versicherungsprodukte aufzuklären. In dem Fall hatte ein Mann eine Rentenversicherung gegen Einmalzahlung abgeschlossen.

Nach Vertragsabschluss kam er zu der Erkenntnis, dass er falsch beraten worden war, weil die abgeschlossene Rentenversicherung gar nicht dazu geeignet war, sich und seine Partnerin wie gewünscht abzusichern. So wäre ein Auszahlplan mit festen und variablen Entnahmemöglichkeiten die bessere Alternative gewesen. Darauf aber muss ein Rentenversicherer den Mann nicht hinweisen, urteilten die Richter. Allenfalls für eine Bank, die auch andere Produkte anbietet, käme eine solche Verpflichtung in Frage, nicht aber für eine Versicherung.

16.02.2020

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Modell-Foto: colourbox.com